Nach der Flutkatastrophe: aufräumen, planen, bauen, fahren

Unfassbare Zerstörungen
In der Nacht vom 13. auf den 14. Juli 2021 prasseln im Ahrtal bis zu 150 Liter Regen auf einen Quadratmeter. Der Pegel der Ahr in ihrem engen, verschlungenen Flussbett steigt unaufhaltsam.
Als das Tief „Bernd“ die Eifel und das Ahrtal hinter sich lässt, hat die Flutkatastrophe 135 Menschenleben gefordert. Reißende Wassermassen verwüsten Orte und Gemeinden entlang der Flussläufe im Norden des Landes.
Auch die Bahn ist schwer getroffen: Weite Teile ihrer Infrastruktur – Brücken, Gleise, Stellwerke – sind vernichtet, Fahrzeuge beschädigt. Die Ahrtalbahn zwischen Remagen und Walporzheim ist stark in Mitleidenschaft gezogen, zwischen Walporzheim und Ahrbrück ist die Bahnstrecke so gut wie komplett zerstört. Die Eifelstrecke von Trier-Ehrang über Gerolstein bis Hürth-Kalscheuren ist nicht mehr befahrbar.
Die Deutsche Bahn (DB) beginnt sofort mit den Aufräumarbeiten, will die Schäden so schnell wie möglich beheben und die Züge wieder fahren lassen. Tausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten fast rund um die Uhr an der Wiederherstellung der Anlagen.
Rolph hat sich angeschaut, was bisher getan wurde:
Wie sieht es aus mit dem Wiederaufbau der Ahrtalbahn und der Eifelstrecke?

Wiederaufbau der Ahrtalbahn
Die 110 Jahre alte Ahrtalbahn hatte es besonders hart getroffen. Ihre Gleise waren auf vielen Streckenabschnitten weggespült. Zwischen Walporzheim und Ahrbrück müssen acht Brücken und nahezu alle Stützbauwerke ersetzt, neue Schienen verlegt, sieben Bahnübergänge instand gesetzt und die zerstörten Stellwerke in Dernau und Kreuzberg repariert werden.
In Heimersheim riss die Flut gar den kompletten Bahnsteig mit sich und hob die Gleise auf einer Länge von mehr als 1,2 Kilometer aus ihrem Bett.
Innerhalb weniger Tage wurde ein Schienenersatzverkehr (SEV) zwischen Remagen und Ahrweiler organisiert. Danach startete die Planung für den Wiederaufbau der verwüsteten Eisenbahnstrecke: Die neue Infrastruktur soll hochwasser- und zukunftssicher sein.

Wichtiger Zwischenschritt: Schienennahverkehr bis Walporzheim
Und schon Anfang November 2021 war es so weit: Zwischen Remagen und Ahrweiler fahren – wenn auch nur eingleisig – wieder Nahverkehrszüge, seit dem 12. Dezember auch zwischen Ahrweiler und Walporzheim. Der optimistische Plan, zwei Züge pro Stunde fahren zu lassen, musste angepasst werden: Die Linien RB 30 und RB 39 zwischen Bonn und Remagen bis Walporzheim können wegen der eingeschränkten Infrastruktur nur im Stundentakt fahren. Die zweite Fahrt pro Stunde übernimmt ein Bus.
Seit Dezember hat auch Heimersheim wieder einen Bahnsteig – zumindest provisorisch. Darüber hinaus wurde der Bahnhof Ahrweiler Markt unabhängig vom Flutereignis modernisiert. „Neue Bahnsteige, bessere Reisendeninformation, stufenfreier Einstieg in die Züge – die runderneuerte Station präsentiert sich nun einladend und zeitgemäß“, freut sich Dr. Klaus Vornhusen, Konzernbevollmächtigter der DB AG für das Land Rheinland-Pfalz, über die Wiedereröffnung.
Fünf Monate nach den Hochwasserfluten war also bereits einiges geschafft: Rund 4.200 Tonnen Kies und 7.800 Tonnen Schotter wurden neu verbaut, auf etwas mehr als der Hälfte der betroffenen Strecken fahren wieder Züge, nun sogar bis Walporzheim.
Für Katrin Eder, Ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität des Landes Rheinland-Pfalz, ist das ein „wichtiger Zwischenschritt“. Doch noch bleibt viel zu tun. „Die Weichen müssen grundsätzlich neu gestellt werden: Nach den verheerenden Zerstörungen geht es darum, den Wiederaufbau mit einer nötigen Modernisierung zu verknüpfen und den Bahnverkehr klimafit zu machen, indem von Dieselantrieb auf Elektrifizierung umgestellt wird“, so die Klimaschutzministerin. „Die neu aufgebaute Ahrtalbahn soll am Ende eine zukunftsfähige, vollständig modernisierte Regionalbahn sein, mit guten Verknüpfungen mit den Zügen am linken Rhein und natürlich lokal emissionsfrei.“
Die Wiederinbetriebnahme der Eifelstrecke
Die Wassermassen hatten auch die traditionsreiche Eifelstrecke stark in Mitleidenschaft gezogen: Zwischen Trier-Ehrang und Euskirchen war über viele Monate kein Zugverkehr mehr möglich. Busse übernahmen wenige Tage nach dem Unwetter im Stundentakt den Ersatzverkehr für die Schiene zwischen Trier, Gerolstein und Euskirchen. Schnell- und Expressbusse verbinden seither Trier mit Euskirchen. Dort stellen sie jeweils schnelle Anschlüsse zu den Zügen nach Saarbrücken, Koblenz, Luxemburg und Köln her. Buslinien im Basis- und Schülerverkehr übernehmen die weiteren Aufgaben.
Erste Teilstrecke wiedereröffnet
Die Zerstörungen sind so groß, dass es noch etliche Monate dauern wird, bis die Züge wieder durchgehend auf der Eifelstrecke verkehren können. Aber einen ersten Lichtblick gibt es schon: Anfang Februar 2022 ging der erste Abschnitt der zerstörten Eifelstrecke zwischen Trier-Ehrang und Auw an der Kyll wieder in Betrieb. Dafür wurden Gleise, Schwellen und Weichen auf knapp 18 Kilometer wiederhergestellt sowie drei Bahnbrücken und drei Stellwerke instand gesetzt. Einmal pro Stunde und Richtung können die Menschen nun hier die Bahn wieder nutzen.
Wie geht’s weiter?
Noch in diesem Frühling will die Deutsche Bahn die Eifelstrecke bis Kyllburg wieder befahrbar machen. Im Sommer folgt der Abschnitt nach Gerolstein, anschließend im Herbst die Strecke nach Nettersheim. Von Nordrhein-Westfalen aus ist geplant, die Strecke zunächst von Euskirchen bis Mechernich, im Sommer 2023 bis nach Kall wieder in Betrieb zu nehmen. Bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2023 soll dann auch der Wiederaufbau zwischen Kall und Nettersheim erfolgen.
Bis zur Fertigstellung gibt es für die Menschen auf den noch nicht befahrbaren Streckenabschnitten weiterhin den Schienenersatzverkehr. Statt der Züge sind hier Schnellbusse unterwegs und Lokalbusse, die insbesondere die kleineren Haltestellen anfahren. Verstärkt werden die Verbindungen durch die Schulbusse.
Im Ahrtal wird das elektronische Stellwerk der Ahrtalbahn von Grund auf neu konzipiert. Zusätzlich laufen die Planungen, um die Eisenbahninfrastruktur zu erneuern und möglicherweise zu elektrifizieren.
Die Bauarbeiten im besonders betroffenen Abschnitt zwischen Walporzheim und Ahrbrück starten voraussichtlich im ersten Quartal 2023. Ende 2025, so die Deutsche Bahn in einer Presseerklärung, sollen die Züge im Ahrtal wieder durchgängig von Remagen nach Ahrbrück fahren.
Bis es so weit ist, gilt im Ahrtal weiter der vom SPNV-Nord und der DB Regio organisierte Schienenersatzverkehr zwischen Ahrbrück und Ahrweiler sowie ergänzend zwischen Dernau und Remagen. Der westliche Abschnitt des Ahrtals wird über Gelsdorf angeschlossen.
Besser als zuvor
Die Schäden, die die Hochwasserflut angerichtet hat, sind enorm. Aber es ist schon einiges erreicht. Dennoch wird es noch etliche Monate dauern, bis Ahrtalbahn und Eifelstrecke wieder vollständig befahrbar sein werden. Achim Hallerbach, Verbandsvorsteher Zweckverband SchienenPersonenNahVerkehr Rheinland-Pfalz Nord, zeigt sich optimistisch und erwartet, „eine teilweise neue und deutlich bessere Infrastruktur für die Anforderungen der Mobilitätswende zu bekommen“.
Aktuelle Informationen findet ihr auf www.bahn.de/aktuell, www.verkehr.rlp.de sowie auf www.rolph.de/hochwasser-infos.