Unterwegs zwischen Rhein und Hunsrückhöhen

Willkommen auf dem Hunsrückbahn-Wanderweg: dramatische Schluchten, meditative Tunnel und spektakuläre Viadukte. Eine Wanderung, die Schiene und Stiege schwindelfrei verbindet. Getestet und beschrieben von niemand Geringerem als dem Wanderpapst selbst: Manuel Andrack.

Hunsrückbahn – Boppard – Emmelshausen

Einstieg in Boppard Hauptbahnhof in die Hunsrückbahn. Wer sich wundert, wieso sich der überschaubare Weinort am Rhein „großspurig“ einen Hauptbahnhof leistet – nun, Boppard hat immerhin noch fünf weitere Bahnhöfe:  Boppard-Süd, Boppard-Bad Salzig, Boppard-Hirzenach, Boppard-Buchholz und Boppard-Fleckertshöhe. Da hat manche Großstadt weniger Bahnhöfe – der Hauptbahnhof von Boppard trägt seinen Namen also mehr als zu Recht. In der Hunsrückbahn darf ich im Führerstand mitfahren, mit freiem Blick auf die Strecke. Kurz hinter dem Hauptbahnhof geht die Hunsrückbahn steil, sehr steil. Mit gut sechs Prozent Steigung – 328,5 Höhenmeter müssen vom Rhein bis zu den Höhen des Hunsrücks überwunden werden – fahre ich auf der steilsten Bahnstrecke Westdeutschlands.

Die Bahn hangelt sich quietschend den Berg hinauf, wir passieren insgesamt fünf kurze Tunnel und zwei Viadukte, sehr spektakulär! Die Hunsrückbahn ist definitiv eine der aufregendsten Eisenbahnstrecken der Welt.

Ein richtiger YouTube-Star ist unser Lokführer. Vor sieben Jahren ist er nach Deutschland gekommen, seit einigen Jahren betreibt er den „Iranian Guitar Channel“. 21.000 Abonnent*innen lernen bei ihm Gitarre, erzählt er lächelnd. Und seit acht Monaten fährt dieser Gitarrenheld zuverlässig für die TRANSDEV – meistens auf der Hunsrückbahn zwischen Boppard und Emmelshausen.

Das Hunsrückbahn-Museum in Emmelshausen

Stopp in Emmelshausen. Nicht nur einer, sondern mehrere Kindheitsträume gehen für mich in Erfüllung: Ich setze mir eine rote DB-Mütze aus den 80er-Jahren auf – Größe 62, die passt sogar auf meinen Quadratschädel; ich simuliere mit einer Modelleisenbahn den ursprünglichen Verkehr im Bahnhof Emmelshausen – auf den Schienen des originalen Gleisplans. Ich lege im winzigen Stellwerk einen der beiden riesigen Hebel um – und schon ist die Weiche neu gestellt.

All dies ist möglich im fantastischen Hunsrückbahn-Museum im alten Güterschuppen des Bahnhofs Emmelshausen. Steffen hat mir meine Fahrkarte „verkauft“ und ist so eine Art Museumsführer. Er erklärt mir alle Details mit großem Enthusiasmus. Faszinierend ist zunächst einmal die Bedeutung des Bahnhofs für den Ort, denn als der Bahnhof 1908 erbaut wurde und die Hunsrückbahn eröffnet war, gab es Emmelshausen quasi noch gar nicht. Nur Gleise, Felder und Kühe. Ganz wie im Wilden Westen wurde die Eisenbahn in dem Hunsrück-Ort Motor einer Ansiedlung. 1935 wurde die Gemeinde offiziell gegründet, heute wohnen rund 5.000 Menschen dort. Emmelshausen ist Ausgangspunkt für Wanderungen und verfügt mit dem ZAP über ein überregional bekanntes Veranstaltungshaus. Hauptattraktion des Ortes ist allerdings das Hunsrückbahn-Museum, es ist immer eine Reise wert.

Liesenfelds Hütte

Wir wandern vom Museum aus los und kommen an einem Friedwald vorbei und erreichen nach knapp zwei Kilometern Liesenfelds Hütte. Dort kann man sein Picknick in der Schutzhütte verzehren, bei schönem Wetter auch auf einer der beiden Bänke im Freien. Man kann aber vor allem einen sensationellen Ausblick auf das wunderschöne Hubertus-Viadukt werfen.

Ja, ja, ich weiß, Sprachpurist*innen bestehen immer noch darauf, dass es unbedingt der Viadukt heißen muss. Aber der Duden entlastet mich – denn ich habe schon immer das Viadukt gesagt –, und offiziell ist beides möglich. Das Hubertus-Viadukt auf jeden Fall schwingt sich in einem eleganten Linksbogen über das Hunsrück-Tal. Und wenn man Glück hat (oder seinen Aufenthalt in Liesenfelds Hütte besonders exakt geplant hat), kommt dann der Triebwagen der Hunsrückbahn in Sicht. Doch Winken ist zwecklos, der Blickwinkel zu Zugführer und Fahrgästen ist zu steil.

Mit Tunnelblick

Nach Liesenfelds Hütte hat man zwei Möglichkeiten: die sportlichen Wanderer folgen der Markierung des Hunsrückbahn-Wanderwegs. Wir wandern steil bergab, unterqueren das Hubertus-Viadukt und gehen dann wieder sehr steil hinauf zum Tunnelblick. Puh! Alternativ kann man entspannt der Markierung der Traumschleife „Elfenlay“ folgen und ist schon bald (ohne Steigung) am Tunnelblick angelangt. Keine Angst, beim Tunnelblick blickt man auf, nicht in den Tunnel. Der Clou ist nun, dass auf einer Infotafel exakt verzeichnet ist, wann die Hunsrückbahn durch diesen Tunnel fährt. Wenn der Zug kommt, sollten auch die Menschen, die noch keine Hobby-Trainspotter sind, ihr Handy oder die Kamera zücken. Und keine Angst, verwackeln kann das Bild nicht. Die Hunsrückbahn fährt so schön langsam, dass man genügend Zeit hat.

 

Strecke: Der Hunsrückbahn-Wanderweg, eingerichtet von der TRANSDEV und direkt ab dem Bahnhof Emmelshausen, verläuft über Boppard-Buchholz und endet am Hauptbahnhof Boppard.

Strecke: 18 Kilometer

Wanderzeit: ca. 4,5 Stunden

Tipp: Wenn man nicht den kompletten Hunsrückbahnwanderweg gehen möchte, empfiehlt es sich, von Boppard (oder von Emmelshausen) nach Buchholz zu fahren, und ab dort den Markierungen unseres Weges zu folgen. 

 

Alle Informationen zur Route im Detail:

hunsrueckbahn.de/de/ausflugziele/wanderweg/der-hunsrueckbahn-wanderweg-im-detail

Das Eisenbahnmuseum in Emmelshausen

museum.lochris.d

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